An den Landrat
Herrn Marco Voge

Corona-Allgemeinverfügung im Märkischen Kreis (PDF)

Sehr geehrter Herr Voge,

das Verwaltungsgericht Arnsberg hat die Ausgangssperren im Märkischen Kreis zunächst gekippt. Das Gericht kam in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass diese eine „sehr begrenzte Wirkung“ hätten. Weiter führen die Richter aus, Ausgangssperren seien nur zulässig, wenn ohne sie eine wirksame Eindämmung des Infektionsgeschehens erheblich gefährdet wäre. In seiner Allgemeinverfügung hat der Märkische Kreis dieses allerdings nicht hinreichend und ausgiebig dargelegt. Derzeit liegen bei der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts noch elf weitere Eilanträge gegen den Märkischen Kreis, vier gegen den nahegelegenen Kreis Siegen Wittgenstein und ein Verfahren gegen die Nachbarstadt Hagen vor, die innerhalb der nächsten Tage entschieden werden sollen. Auch eine Analyse der wissenschaftlichen Dienste des Bundestages besagt eindeutig „Die Ausgangsbeschränkung in der Nacht ist kritisch zu bewerten.

Ob sie einer abschließenden verfassungsgerichtlichen Prüfung standhielte, dürfte zweifelhaft sein.“

Renommierte Fachärzte erklären, dass die Ansteckungsgefahr in Wohnungen weit höher sei als an der frischen Luft und auch Aerosolforscher haben vor wenigen Tagen noch auf das praktisch nicht vorhandene Infektionsrisiko im Freien hingewiesen. Der Staatsrechtler Ulrich Vosgerau sagte, dass der Inzidenzwert von 100 völlig willkürlich sei, „zumal der massenhafte PCR-Test kaum geeignet ist, relevante Aussagen über den Stand der Volksgesundheit zu treffen“. Auch der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Jens Gnisa, dazu: „Nur auf die Inzidenz abzustellen ist bei derartig drastischen Maßnahmen willkürlich, weil die reine Inzidenz davon abhängt, wie viel getestet wird. Dies ist manipulierbar.“

Die von Ihnen getroffenen Maßnahmen, insbesondere die Ausgangssperre von 21 bis 5 Uhr, halten wir für einen groben Verstoß und lehnen diese strikt ab.

Die Spannweite der lokalen Sieben-Tage-Inzidenzen im Märkischen Kreis ist weiterhin sehr groß. Während der Wert für Nachrodt-Wiblingwerde bei ca. 45,8 liegt, weisen die höchsten Sieben-Tage-Inzidenzen Meinerzhagen mit 432,1, Plettenberg mit 404,2 und Lüdenscheid mit 399,7 auf. Warum wird diese unterschiedliche Gefährdungslage nicht berücksichtigt?Wir sehen weder einen Nutzen noch das zwingende Erfordernis für diese drastischen Maßnahmen. Wir fordern Sie daher um sofortige Rücknahme der Verfügung auf und damit den unverhältnismäßigen Grundrechtseingriffen in unserem Kreis ein sofortiges Ende zu bereiten. Wir unterstützen jede sinnvolle Maßnahme, die den Schutz der vulnerablen Gruppen sichert. Nach nun über einem Jahr der Lockdown-Politik ist endlich Zeit für einen Paradigmenwechsel. Die Eigenverantwortlichkeit der Bürger darf nicht wegrationalisiert werden. Ebenso wenig dürfen anhaltende Grundrechtseinschränkungen bagatellisiert werden. In diesen Zeiten müssen Entscheidungen mit Augenmaß und Sensibilität hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit getroffen werden.

Infektionsorte sind sicher schwer eindeutig nachzuweisen. Aber durch die Analyse der infizierten Personen sollte es möglich sein festzustellen, welche Bevölkerungsgruppen sich überproportional anstecken und zu versuchen, diese Ursache zu bekämpfen und nicht die verantwortungsbewussten Bürger für Menschen, die meinen, sich nicht an Regeln halten zu müssen, mit in Haftung zu nehmen.

Vertrauen Sie den Bürgern im Märkischen Kreis nicht und billigen Sie Ihnen daher keine Eigenverantwortung für sich und andere zu?

Klaus Laatsch